Am 15. April 1945 befreiten britische Truppen die Menschen im Konzentrationslager Bergen-Belsen. Das Gedenken daran findet, wie in den vergangenen Jahren, am nächsten Sonntag statt, der nicht auf einen religiösen Feiertag fällt. In diesem Jahr ist es der 5. Mai. Heute und am 5. Mai sind unsere Gedanken bei allen Überlebenden und Opfern von Bergen-Belsen und dem Holocaust. In diesen Tagen aktueller Spannungen und Gewalt gilt unsere Sorge und unser Mitgefühl dabei vor allem den Menschen in Israel und der Ukraine und besonders den Überlebenden von Bergen-Belsen und ihren Angehörigen. In Bergen-Belsen werden wir weiterhin gemeinsam mit dem Land Niedersachsen und dem Landesverband der jüdischen Gemeinden von Niedersachsen das Gedenken an die Vergangenheit mit dem Gestalten unserer Gegenwart verbinden. Jüdische Stimmen haben dabei unverrückbar ihren Platz.
Auf die Befreiung folgte eine Zeit des Schweigens und Verdrängens durch die Mehrheit der deutschen Bevölkerung. Dass in Bergen-Belsen eine Gedenkstätte eingerichtet werden konnte, ist vor allem den Überlebenden zu verdanken. Gedenkstätten dokumentieren die Ereignisse im Lager, geben den Opfern eine Stimme und setzen sich mit Täter*innen und Täterschaft auseinanderzusetzen. Sie bieten den Kontext für die Ortsgeschichte, dazu gehören auch die Radikalisierungsprozesse ab den 1920er Jahren und in der Zeit des Nationalsozialismus. Mit diesen zentralen Aufgaben leisten die Gedenkstätten einen Beitrag, um aus der Vergangenheit zu lernen. Ziel ist eine offene und vielfältige demokratische Gesellschaft. Allerdings wird diese von rechtsextremen Akteur*innen zunehmend bedroht.
Die Darstellung der Geschichte und Bezüge zur Gegenwart laden zur Diskussion und kritischen Auseinandersetzung ein. Wir beobachten jedoch, dass Diskurse sich verschoben haben und statt konstruktiver Kritik Anfeindungen und Beleidigungen stattfinden. So ist in Bergen-Belsen wie auch anderen niedersächsischen Gedenk- und Lernorten eine zunehmende Zahl von Äußerungen zu verzeichnen, die unverhohlen antisemitisch, demokratiefeindlich und geschichtsrevisionistisch sind. Antisemitische Schmierereien, Sachbeschädigungen oder anonyme Anrufe sollen die Mitarbeiter*innen bewusst verunsichern. „Es besorgt uns“, sagt Dr. Elke Gryglewski, die Leiterin der Gedenkstätte Bergen-Belsen und Geschäftsführerin der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten. „Es zeigt aber auch, dass Gedenkstätten als wichtige Orte demokratischer Bildung wahrgenommen werden. Wir haben ein feines Gespür dafür, dass auch vermeintlich banale Vorkommnisse immer wieder Grenzüberschreitungen darstellen, die wir konsequent als solche sichtbar machen. Wir streben eine verstärkte Kommunikation und Kooperation mit der Polizei an, um gemeinsam gegen die Angriffe vorzugehen. Das diesjährige Gedenken zum Jahrestag der Befreiung wird ganz bewusst gemeinsam mit Überlebenden und zivilgesellschaftlichen Akteur*innen gestaltet. Wir wollen zeigen, dass Erinnerung für unsere Gegenwart und Zukunft eine bleibend wichtige Aufgabe ist, die uns zusammenhält und stärkt. Genau dafür ist eine interessierte und engagierte Zivilgesellschaft unerlässlich.“
Für alle Gäste, denen ein individuelles Gedenken am Tag der Befreiung selbst wichtig ist, halten wir heute Tulpen bereit. Das Programm des Gedenktages am 5. Mai finden Sie hier.