Vor einigen Wochen haben wir als Teil eines Bündnisses zur Demonstration gegen den Landesparteitag der AfD in Celle aufgerufen. Wir bedanken uns bei den gut 1.500 Teilnehmenden, die gemeinsam mit uns ein Zeichen für eine vielfältige, solidarische und gerechte Gesellschaft gesetzt haben.
Warum positionieren wir uns zu aktuellen Themen? Sollten wir unsere Bildungsarbeit nicht auf die Jahre 1933 bis 1945 beschränken?
Viele Überlebende und Angehörige von Opfern des NS-Regimes wollten mit Deutschland, dem Land der Täter_innen, zunächst nie wieder etwas zu tun haben. In vielen Familien war es ein ungeschriebenes Gesetz, keine Produkte aus Deutschland zu kaufen oder deutschen Boden zu betreten. In manchen Familien hat sich diese Haltung gehalten, bis die Überlebenden verstorben sind. In zahlreichen anderen Familien hat die Gedenkstättenarbeit dazu beigetragen, diese Haltung langsam zu ändern und ein neues Deutschland wahrzunehmen.
Diese Überlebenden und ihre Angehörigen haben uns in den letzten Jahren immer wieder besorgt zu rechtsextremen Übergriffen und Anschlägen und zu den politischen Umfrageergebnissen aus Deutschland befragt. Es gehört daher auch zur Aufarbeitung der NS-Vergangenheit in Deutschland, dass wir als Einrichtung zu diesen Themen Stellung beziehen und stetig für demokratische Werte eintreten. Das Wissen um die nationalsozialistischen Gewaltverbrechen dient uns als Lehre und als Grundlage, uns in der Gegenwart zu positionieren. Im Nationalsozialismus fußte das Verständnis von Ausschluss und Teilhabe auf einer ideologischen Definition, wer dazugehören und wer ausgeschlossen und – im Radikalisierungsprozess – verfolgt und ausgelöscht werden soll. Dieser Einteilung in ein „Wir“ und ein von Ausgrenzung und Diskriminierung betroffenes „Die“ treten wir entschieden entgegen und setzen uns ein für Vielfalt und eine gleichberechtigte Teilhabe aller.
Sind wir dabei nicht zur Überparteilichkeit verpflichtet?
Ja, wir sind überparteilich. Das verpflichtet uns allerdings nicht zu parteipolitischer Neutralität. Aus der AfD heraus sind in den letzten Jahren sowohl die Erinnerungskultur als auch die Grundwerte der Demokratie in Frage gestellt worden. Es hat explizite Forderungen zu einer 180° Gradwende gegeben. Regelmäßige menschenverachtende rassistische und auch antisemitische Äußerungen belegen den Blick dieser Partei auf die Demokratie.
Die Erfahrung zeigt, dass Worte eine Stimmung schaffen können, die dann in Gewalt umschlägt. Auch deswegen nehmen wir Äußerungen von Politiker_innen zum Umgang mit der Vergangenheit und zum gesellschaftlichen Miteinander sehr ernst.
Beispiele wie die Demonstration gegen den Landesparteitag der AfD in Celle zeigen aber auch, dass es eine breite gesellschaftliche Unterstützung für Demokratie, ein friedliches Miteinander und für eine aktive Erinnerungskultur gibt. Dafür werden wir uns weiter engagieren: Auch damit Überlebende und ihre Angehörigen weiterhin das neue Deutschland erleben können.