75. Jahrestag der Befreiung des KZ Bergen-Belsen

Gedenken in kleinem Kreis

Heute vor 75 Jahren, am 15. April 1945, befreiten britische Soldaten 55.000 überlebende Männer, Frauen und Kinder im KZ Bergen-Belsen. Die Fotos von im Lagergelände liegenden Leichen sowie von Hunger und Krankheiten vollkommen ausgezehrten Sterbenden gingen in den Tagen danach um die Welt und gelten bis heute als Sinnbild der nationalsozialistischen Verbrechen. 52.000 KZ-Häftlinge und 20.000 Kriegsgefangene überlebten die Deportation nach Bergen-Belsen nicht.

 

Die geplanten Gedenkveranstaltungen zum 75. Jahrestag der Befreiung, die heute in Celle und Hannover beginnen und am Sonntag mit einer zentralen Gedenkfeier in Bergen-Belsen enden sollten, wurden wegen der Corona-Pandemie abgesagt. Deshalb war es heute nur ein kleiner Kreis von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Gedenkstätte Bergen-Belsen, die an den Denkmalen und Massengräbern im ehemaligen Lagergelände im Gedenken an die Opfer Blumen niederlegten.

 

„Der 15. April 1945 ist ein Tag der Freude, ein Tag der Trauer und ein Tag des Danks“, sagte Gedenkstättenleiter Dr. Jens-Christian Wagner heute: Freude über das Ende der Qualen und Todesbedrohung durch die SS, Trauer angesichts des Massensterbens und Leids und Dank an die Briten, aber auch an ihre Alliierten, die Europa vom Nationalsozialismus befreit haben. „Die Deutschen waren dazu nicht fähig, sie wurden – teils gegen ihren Willen – von außen befreit“, so Wagner. Ziel der zukünftigen Gedenkstättenarbeit müsse es daher sein, sich neben der Ehrung der Opfer noch stärker mit der Funktionsweise der NS-Gesellschaft und der Motivation von Tätern und Täterinnen sowie Zuschauerinnen und Zuschauern und Profiteuren auseinanderzusetzen. „Auf keinen Fall darf der 75. Jahrestag einen Schlussstrich bedeuten. Die Auseinandersetzung mit den NS-Verbrechen ist und bleibt grundlegend für unsere demokratische Selbstverständigung“, so Wagner, und verwies auf das „Vermächtnis der Überlebenden“, das die Präsidenten der Internationalen Lagerkomitees 2009 verfassten:

 

„Die letzten Augenzeugen wenden sich an Deutschland, an alle europäischen Staaten und die internationale Gemeinschaft, die menschliche Gabe der Erinnerung und des Gedenkens auch in der Zukunft zu bewahren und zu würdigen. Wir bitten die jungen Menschen, unseren Kampf gegen die Nazi-Ideologie und für eine gerechte, friedliche und tolerante Welt fortzuführen, eine Welt, in der Antisemitismus, Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus keinen Platz haben sollen.“

 

Am kommenden Sonntag, dem 19. April 2020 wird es statt der ursprünglich geplanten Großveranstaltung, an der Gäste aus aller Welt teilnehmen sollten, nur eine kleine Kranzniederlegung geben, an der neben Ministerpräsident Stephan Weil sowie den Ministern Bernd Althusmann und Grant Hendrik Tonne auch Landtagspräsidentin Dr. Gabriele Andretta und der Vorsitzende des Landesverbandes der jüdischen Gemeinden Michael Fürst teilnehmen werden.