Projekt FERMAN

Deutschland erkennt Genozid an den Ezid_innen an

Berlin/Celle, 20.01.2023. Es waren schreckliche Bilder, die im August 2014 um die Welt gingen. Tausende Ezid_innen wurden vom selbsternannten „Islamischen Staat“ im Nordirak ermordet, verschleppt und versklavt. Nach einer Abstimmung im Deutschen Bundestag erkennt die Bundesrepublik den Völkermord an den Ezid_innen als ebensolchen an. Der Antrag wurde gemeinsam von den Fraktionen der Parteien Bündnis 90/Die Grünen, SPD, FDP und CDU eingebracht. Für Überlebende und Angehörige ist dies ein wichtiger Schritt in Richtung Gerechtigkeit, für Politik und Gesellschaft eine Verpflichtung zur Auseinandersetzung mit den Verbrechen, an denen auch deutsche Staatsangehörige für den „Islamischen Staat“ beteiligt waren, und seinen Opfern.

 

„Die Anerkennung des Genozides durch den Bundestag ist ein wichtiges Signal an die Überlebenden und Angehörigen. Gleichzeitig bedeutet die Anerkennung auch Verantwortung und Handeln, insbesondere mit Blick auf die deutsche Geschichte. Eine Welt frei von Genoziden sollte von gesamtgesellschaftlichem Wert sein“ betont Dr. Leyla Ferman, Leiterin des Bildungs- und Dokumentationsprojekts FERMAN der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten und dem Verein Women for Justice. Seit Projektstart im Oktober 2021 widmet sich das Projekt vor allem der Erschließung von Quellenmaterial zum Genozid an den Ezid_innen und der Sensibilisierung der Öffentlichkeit für  dieses Thema. Vorträge, Panel-Diskussionen, Ausstellungen, Workshops für und mit Überlebenden und die Unterstützung eines Mahnmals für Ezid_innen verdeutlichten, dass es mehr Aufmerksamkeit gegenüber dem Ferman, seinen Strukturen und seinen Folgen für die Überlebenden braucht. Besonders groß ist der Bedarf an Möglichkeiten zum Austausch mit der interessierten Öffentlichkeit, aber auch der Überlebenden untereinander .

 

Bereits im vergangenen Sommer hatte sich der Bundestag dazu bekannt, die Verbrechen an den Ezid_innen als Völkermord einzustufen. Die Initiative für diesen Schritt geht auf eine Petition des Co-Vorsitzenden der Stelle für Jesidische Angelegenheiten in Berlin, Gohdar Alkaidy zurück. Mit der Anerkennung kann nun die historische Aufarbeitung sowie die rechtliche Verfolgung der Verbrechen und der Schutz für die Kultur und Religion der Ezid_innen national wie international vorangebracht werden. Gleichzeitig sollen Ezidinnen und Eziden die Möglichkeit bekommen, wieder in ihre Heimat, die Sindschar-Region, zurückzukehren.

 

Frank Schwabe (SPD) betonte in seiner Rede die Wichtigkeit von Projekten, wie dem Projekt FERMAN, um den Völkermord an den Ezid_innen zu dokumentieren und aufzuarbeiten. Einig sind sich Überlebende, Politiker_innen, Aktivist_innen und Expert_innen  darin, dass die Anerkennung des Genozides an den Ezid_innen ein erster Schritt, eine Wegmarke ist, die Deutschland dazu verpflichtet, die Aufarbeitung zu unterstützen. Das Projekt FERMAN will sowohl durch Dokumentation des Genozids, als auch durch Aufarbeitung von Quellen einen Beitrag hierzu leisten.