Der wissenschaftliche Beirat hat mit großer Bestürzung und tiefer Trauer vom Tod von Prof. Dr. Habbo Knoch erfahren. Als Geschäftsführer der Stiftung Niedersächsische Gedenkstätten in der Zeit von 2008 bis 2014 hat er die Entwicklung der Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel maßgeblich geprägt.
In seine Amtszeit fielen die Vorbereitung und der Start des Ausbaus der Gedenkstätte. Dass die Hinrichtungsstätte als Erinnerungsort gestaltet wurde und dass die zeitweilige Idee, die Ausstellung der Gedenkstätte in der Innenstadt von Wolfenbüttel zu präsentieren, aufgegeben wurde, geht auf Habbo Knochs Entscheidungen zurück, die vom damaligen Beirat der Gedenkstätte unterstützt wurden. Zudem hat Habbo Knoch den Professionalisierungsprozess der Gedenkstätte wesentlich vorangetrieben und auch die Diskussionen um die sich daraus ergebenden Änderungen mit großer Geduld geführt.
Durch Habbo Knochs langjähriges Engagement konnte der Beirat erleben, wie sein großes soziales Engagement mit seiner herausragenden wissenschaftlichen Kompetenz zusammentraf. Er trug aktiv und tiefgehend zur Erinnerungskultur, aber auch zu deren Reflexion bei. Er hat immer klargemacht, dass die Gedenkstätten, auch unsere, sich in einem sehr dynamischen gesellschaftlichen und politischen Umfeld bewegen. Sie hinterfragen die belastete Vergangenheit immer wieder neu, indem sie Fragen nach dem menschenfeindlichen System der Unterdrückung, Verfolgung und Massenvernichtung stellen. Auch die Täter-Opfer-Forschung stellt immer wieder neue Anforderungen an die Didaktik, den Dialog mit der Öffentlichkeit und damit verbunden an die Methoden und Techniken der Präsentation. Zu all diesen Themen publizierte Habbo Knoch auf der Basis eines umfassenden Wissens und Verständnisses für die Zusammenhänge sozialer, politischer und kultureller Prozesse in der neueren Geschichte.
Diese überragende wissenschaftliche Kompetenz machte jede Sitzung des damaligen Beirats zu einem auch intellektuellen Erlebnis. Seine offene und zugewandte Art wurde von den damaligen Beiratsmitgliedern sehr geschätzt. Auch der letzte öffentliche Auftritt von Habbo Knoch beim 20jährigen Jubiläum der Stiftung Niedersächsische Gedenkstätten war von seiner Fähigkeit geprägt, den steten Wandel der Erinnerungskultur als Ausgangspunkt für Überlegungen zur Vergangenheit und Zukunft von Gedenkstätten zu nutzen.
Mit dem unerwarteten und viel zu frühen Tod von Habbo Knoch verliert der Beirat einen treuen Freund und eine inspirierende Persönlichkeit. Das Lebenswerk von Habbo Knoch wirkt nicht zuletzt in der Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel weiter. Der Beirat wird zusammen mit der Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel dieses Lebenswerk in Erinnerung an Habbo Knoch fortführen.
Der Sprecher*innenrat und die Mitglieder des wissenschaftlichen Beirats der Gedenkstätte Wolfenbüttel
Priv.-Doz. Dr. Imanuel Baumann, Leiter des Dokuzentrums Reichsparteitagsgelände
Dr. Andreas Grünewald Steiger, „Das Museumsbüro“, ehemals Bundesakademie für kulturelle Bildung Wolfenbüttel
Dr. Claudia Fröhlich, Leiterin Lern- und Erinnerungsort Martin-Niemöller-Haus Berlin
Prof. Dr. Thomas Henne, Archivschule Marburg – Hochschule für Archivwissenschaft
Dr. Michael Löffelsender, Gedenkstätte Buchenwald
Prof. Dr. Peter Romijn, Universität Amsterdam / ehemals Forschungsdirektor am NIOD Institute for War, Holocaust and Genocide Studies der KNAW
Birgit Sack, Leiterin der Gedenkstätte Münchner Platz Dresden, Stiftung Sächsische Gedenkstätten
Dr. Harald Schmid, Bürgerstiftung Schleswig-Holsteinische Gedenkstätten
Dr. Christel Trouvé, Denkort Bunker Valentin / Landeszentrale für politische Bildung Bremen
Aya Zarfati, Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz